Antarktis: Gletscher schmelzen schon seit 70 Jahren
Bisher sind die meisten Klimaforscher davon ausgegangen, dass das Abschmelzen der Gletscher in der Westantarktis durch die vom Menschen mit ausgelöste Globale Erwärmung verursacht wurde. Eine neue Studie, die von Forschern des “British Antarctic Survey” geleitet wurde, lässt daran Zweifel aufkommen. Sollten alle Gletscher in der Westantarktis verschwinden, würde dies einen Anstieg des Meeresspiegels um immerhin 3 Meter bewirken.
Die neue Studie konzentriert sich auf den Pine-Island-Gletscher (Bildquelle: NASA), einen der größten der Westantarktis. Er befördert jedes Jahr fast 50 Milliarden Tonnen Eis in den Ozean – mehr als jeder andere Gletscher auf der Welt mit Ausnahme seines Nachbarn, des Thwaites-Geltschers.
Dies geschieht, weil der Gletscher sich bergab zurückzieht. Die Basis des Gletschers befindet sich in sehr tiefen Gewässern und der Meeresboden, den der Gletscher berührt, wird bei seinem Rückzug immer tiefer. Dies ist eine instabile Situation. Wissenschaftler haben schon lange vermutet, dass warmes Ozeanwasser das beschleunigte Abschmelzen verursachte, nachdem es den Gletscher von einem etwa 800 Meter tiefen Riff loslöste.
Die neuen Studie zeigt, dass höchstwahrscheinlich bereits etwa in der Mitte der 1940er Jahre der Rückzug begonnen hat, damals gab es noch keine Satellitenbilder der Antarktis. Dies konnten die Forscher nach Auswertung von Eisbohrkernen herausfinden, die von der Oberfläche des Gletschers bis zum Meeresboden gebohrt wurden. Die Forscher waren in der Lage, die Sedimente in den Bohrkernen zu datieren und entsprechende Schlussfolgerungen davon zu abzuleiten.
Die frühen 1940er Jahre waren aber nicht wegen des Treibhauseffektes besonders warm, sondern wegen eines starken und langlebigen El-Niño-Ereignisses, das von 1939 bis 1942 dauerte. Dieser Mega-El-Niño, der abgeschwächt auch 1997/98 und 2015/16 aufgetreten ist, beeinträchtigte die Zirkulation der Atmosphäre in der Antarktis. Stärkere Winde in der Amundsen-See beförderten wärmeres Wasser aus der Tiefe, sogenanntes “zirkumpolares Tiefenwasser”, in Richtung der Gletscher, die dann zu schmelzen begannen.