Steve: Neuartiges Polarlicht ist gar keins
Dünne Bänder aus violettem und weißem Licht, die manchmal am Nachthimmel erscheinen, wurden erstmals im Jahre 2016 als eine neue Art von Polarlicht identifiziert. Neuste Forschungen legen allerdings nahe, dass diese mysteriöse Lichterscheinung gar keine Polarlichter sind. Amateurfotografen hatten das neue Phänomen namens “Steve” seit Jahrzehnten auf Fotos festgehalten. Aber die wissenschaftliche Gemeinschaft beschäftigt sich erst seit 2016 mit dem Phänomen.
Der Begriff “Steve” wurde von Fotograf Chris Ratzlaff vorgeschlagen. Er stammt aus dem Animationsfilm “Ab durch die Hecke”, in der die Charaktere diesen Namen für etwas Unbekanntes auswählten. Im April 2017 wurde dann zu der Abkürzung der Begriff “Strong Thermal Emission Velocity Enhancement” erfunden, der dann auch von der Wissenschaft übernommen wurde. In einer neuen Studie analysierten Forscher ein Steve-Licht vom März 2008, um zu sehen, ob es in ähnlicher Weise wie ein herkömmliches Polarlicht produziert wurde.
Bisher haben die Forscher nicht vollständig herausgefunden, wie das Licht entsteht. Übliche Polarlichter entstehen, wenn Elektronen und Protonen in die Ionosphäre eindringen, eine Region geladener Teilchen in der oberen Atmosphäre. Wenn diese Elektronen und Protonen angeregt werden, emittieren sie Licht mit unterschiedlichen Farben, meistens grün, rot und blau.
Eine Gruppe Amateur-Fotografen brachte die Steve-Lichter 2016 in den Fokus der Wissenschaftler. Eine Facebook-Gruppe namens “Alberta Aurora Chasers” hatte gelegentlich helle, dünne weiße und violette Lichtstrahlen am kanadischen Nachthimmel von Osten nach Westen gesehen. Diese dünnen Lichtbänder waren aber viel seltener als Polarlichter und nur einige Nächte pro Jahr sichtbar. Außerdem zeigten sich diese Lichter viel südlicher als Polarlichter.
Die Wissenschaftler nutzten verschiedene Daten von Satelliten und Observatorien, um zu ergründen, was die ungewöhnlichen Lichtstreifen verursacht. Die erste Studie fand einen Strom von sich schnell bewegenden Ionen und super-heißen Elektronen, die genau dort, wo das Steve-Licht beobachtet wurde, durch die Ionosphäre strömen.
In einer weiteren Studie wollten die Forscher herausfinden, ob das Steve-Licht durch Partikel erzeugt wird, die in die Ionosphäre herabregnen, wie es normalerweise bei den Polarlichter der Fall ist. Dazu wurde ein Ereignis vom 28. März 2008 über Ostkanada analysiert, bei dem Bilder von bodengestützten Kameras verwendet wurden, die Polarlichter über Nordamerika aufnehmen.
Die Forscher kombinierten die Bilder mit den Daten des NOAA Polar Orbit Environmental Satellite 17 (NOAA-17), der während des Steve-Lichtes direkt über die Region flog. Der Satellit ist mit einem Instrument ausgestattet, das geladene Teilchen messen kann, die in die Ionosphäre eindringen. Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass Steve ein völlig neues Phänomen ist, das sich von typischen Polarlichtern unterscheidet. Der Satellit entdeckte während des Steve-Ereignisses keine geladenen Teilchen, die in die Ionosphäre herabregneten, was bedeutet, dass das Licht wahrscheinlich von einem völlig anderen Mechanismus erzeugt wird.
Als nächstes soll geprüft werden, ob wirklich die Ströme schneller Ionen und heißer Elektronen in der Ionosphäre das Steve-Licht erzeugen oder ob das Licht doch weiter höher in der Atmosphäre erzeugt wird.
Bildquelle: Aufgenommen am August 17 2015 in Little Bow Resort, Alberta, Kanada von Elfie Hall.