Ein Forscherteam der University of East Anglia hat festgestellt, dass der globale COVID-19-Lockdown einen extremen Effekt auf die täglichen Kohlenstoffemissionen gehabt hat. Es ist aber unwahrscheinlich, dass dieser von Dauer sein wird. Die Studie, die in der Zeitschrift “Nature Climate Change” veröffentlicht wurde, zeigt, dass die täglichen Emissionen während des Höhepunktes der Sperrmaßnahmen am 7. April im Vergleich zu 2019 global um 17% (oder 17 Millionen Tonnen Kohlendioxid) zurückgegangen sind und damit auf die zuletzt im Jahre 2006 beobachteten Werte.
Das Team analysierte Daten für 69 Länder, die für 97% der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich sind. Emissionen aus dem Auto- und Bahnverkehr machen fast die Hälfte (43%) des Rückgangs der globalen Emissionen aus. Industrie und Energiesektor sind zusammen für weitere 43% des Rückgangs verantwortlich. Der Luftverkehr, der am stärksten von der Abriegelung betroffene Wirtschaftssektor, ist nur für 3% der globalen Emissionen bzw. 10% des Rückgangs der Emissionen verantwortlich. In den Ländern gingen die Emissionen auf dem Höhepunkt des Lockdowns im Durchschnitt um 26% zurück.
Die geschätzte Gesamtveränderung der Emissionen durch die Pandemie beläuft sich bis Ende April auf 1048 Millionen Tonnen Kohlendioxid (Mt CO2). Davon sind die Veränderungen in China, wo der Lockdown begann, mit einem Rückgang um 242 Mt CO2 am größten, dann in den USA (207 MtCO2), Europa (123 Mt CO2) und Indien (98 Mt CO2).
Wenn die vor der Pandemie herrschenden Bedingungen der Mobilität und wirtschaftlichen Aktivität bis Mitte Juni wiederkehren, würde der Gesamtrückgang der Emissionen im Jahre 2020 etwa 4% gegenüber 2019 betragen. Sollten bis Ende des Jahres weltweit einige Einschränkungen bestehen bleiben, läge er bei etwa 7%.
Diese extremen Rückgänge sind nur vorübergehend, da sie keine strukturellen Veränderungen im Wirtschafts-, Verkehrs- oder Energiesystem widerspiegeln. Wie die Politiker der Welt den Klimawandel bei der Planung ihrer wirtschaftlichen Reaktionen nach COVID-19 berücksichtigen, wird die globalen CO2-Emissionen für die kommenden Jahrzehnte beeinflussen.
Jetzt besteht die Chance, echte, dauerhafte Veränderungen herbeizuführen und widerstandsfähiger gegen künftige Krisen zu werden, indem Konjunkturpakete umgesetzt werden, die auch dazu beitragen, die Klimaziele zu erreichen. Allerdings ist leider zu fürchten, dass viele Politiker die Chance verstreichen lassen werden.
Der jährliche Rückgang von 4 bis 7% ist vergleichbar mit dem Umfang der jährlichen Emissionsreduktionen, die über Jahrzehnte hinweg Jahr für Jahr erforderlich sind, um die Klimaziele des Pariser Klima-Abkommens zu erreichen! Der Emissionsrückgang ist erheblich, veranschaulicht aber nur die Herausforderungen. Um die Klimaziele zu erreichen, ist ein Systemwandel durch grüne Energie und Elektromobilität erforderlich, keine vorübergehenden Reduzierungen durch erzwungenes Verhalten.