Die Globale Erwärmung wird in Zukunft dazu führen, dass Wildtiere gezwungen sind, ihren Lebensraum zu verlagern, und zwar meist in dicht besiedelte Regionen. Dies erhöht deutlich das Risiko, dass Viren auf den Menschen überspringen können und so weitere Pandemien auslösen. Dieser Zusammenhang wurde nun von einem internationalen Forscherteam unter Leitung von Wissenschaftlern der Georgetown University in einer Studie beschrieben.
Die Wissenschaftler führten die erste umfassende Abschätzung durch, wie der Klimawandel die globale Viren-Population bei Säugetieren verändern wird. Die Arbeit konzentrierte sich auf geografische Verschiebungen – die Wanderungen, die die Arten unternehmen werden, wenn sie ihren Lebensräumen in neue Gebiete verlagern. Die Studie geht davon aus, dass die Tiere beim ersten Zusammentreffen mit anderen Säugetieren Tausende von Viren austauschen werden.
Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit signifikant, dass Viren wie Ebola oder Corona in neuen Gebieten auftauchen und dass sie neue Tierarten befallen. So wird es für die Viren leichter, auf den Menschen überzuspringen. Ähnliche Probleme sehen die Forscher durch den Wildtierhandel. Die Zusammenführung ungesunder Tiere in unnatürlichen Kombinationen schafft neue Möglichkeiten zur Verbreitung von Viren, so wie das SARS-Virus von Fledermäusen auf Zibetkatzen und dann von auf den Menschen übergesprungen ist.
Besorgniserregend ist, dass sich die Lebensräume von Tieren voraussichtlich besonders stark an die Orte verlagern, wo viele menschliche Siedlungen sind. Ein Großteil dieses Prozesses könnte in der heutigen, um 1,2 Grad wärmeren Welt bereits im Gange sein, und die Bemühungen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen werden diese Ereignisse möglicherweise nicht aufhalten.
Die folgende Abbildung zeigt eine Vorhersage für das Jahr 2070: Dann werden sich voraussichtlich die menschlichen Bevölkerungszentren im äquatorialen Afrika, in Südchina, Indien und Südostasien mit den Hotspots der artenübergreifenden Virusübertragung in der Tierwelt überschneiden (violette Bereiche):
Eine weitere wichtige Erkenntnis ist die Auswirkung, die steigende Temperaturen auf Fledermäuse haben werden, auf die der Großteil der neuartigen viralen Verbreitung entfällt. Durch ihre Flugfähigkeit können sie weite Strecken zurücklegen und die meisten Viren weitergeben. Aufgrund ihrer zentralen Rolle bei der Entstehung von Viren werden die größten Auswirkungen in Südostasien erwartet, einem globalen Hotspot der Fledermausvielfalt.
Die Forscher führten verschiedene Simulationen durch und waren über die Ergebnisse teilweise überrascht. Jahre wurden damit verbracht, die Ergebnisse mit unterschiedlichen Daten und Annahmen zu überprüfen. Da Viren in einem noch nie dagewesenen Tempo von einer Wirtsart zur anderen wechseln, sind die Auswirkungen auf die Natur und die menschliche Gesundheit mit großen Unsicherheiten verbunden. So ist noch unklar, wie sich neue Viren auf die betroffenen Arten auswirken, aber es ist wahrscheinlich, dass viele Viren sich ausbreiten und das Auftreten neuer Pandemien beim Menschen begünstigen werden.
Insgesamt deutet die Studie darauf hin, dass der Klimawandel zum größten Risikofaktor für das Auftreten von Krankheiten wird – noch vor bekannteren Problemen wie Abholzung, Wildtierhandel und industrieller Landwirtschaft. Laut den Autoren besteht die Lösung darin, die Überwachung von Wildtierkrankheiten mit Echtzeitstudien zu Umweltveränderungen zu verbinden.
Wenn eine brasilianische Freischwanzfledermaus bis in die Appalachen vordringt, sollten wir wissen, welche Viren sie mit sich führt, so die Forscher. Nur wenn wir versuchen, diese Wirtssprünge in Echtzeit zu erkennen, können wir verhindern, dass dieser Prozess zu weiteren Übertragungen und Pandemien führt. Das ist das ultimative Ziel der Forscher: eine Vorhersage von Pandemien.