Neuer Satellit zur Vermessung des Meeresspiegels
Der neue Satellit “Sentinel-6 Michael Freilich” des europäischen Copernicus-Programms ist Mitte Oktober nach einer zweitägigen Reise von München über den Atlantik in Vandenberg in Südkalifornien eingetroffen. Der Satellit soll am 10. November 2020 mit einer Falcon-9-Rakete von SpaceX in eine Umlaufbahn 1336 Kilometer über der Erde befördert werden.
Sentinel-6 ist der jüngste in einer langen Reihe von gemeinsamen US-EU-Projekten, die seit 1992 die Weltmeere vermessen. Der neue Satellit wird in der Lage sein, den Meeresspiegel millimetergenau zu überwachen. Er wird außerdem Daten über die Temperatur und den Feuchtigkeitsgehalt der Atmosphäre liefern.
Sentinel-6 ist das Produkt einer amerikanisch-europäischen Partnerschaft zwischen der NASA und der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Der Satellite trägt außerdem den Beinamen “Michael Freilich“, benannt nach dem ehemaligen Direktor der Earth Science Division der NASA, der sich für die Weiterentwicklung von Satellitenmessungen des Ozeans eingesetzt hat. Sentinel-6 wird die Arbeit der Satelliten Jason 1, 2 und 3 fortsetzen, von denen der letzte 2016 in die Umlaufbahn gebracht wurde.
Die Daten dieser Satelliten sind in den letzten 30 Jahren zum Goldstandard für Meeresspiegelmessungen aus dem Weltraum geworden. Im Jahr 2025 soll ein Zwilling von Sentinel-6 starten, der diese Messungen für mindestens 5 weitere Jahre sicher stellen soll. Die kontinuierliche Aufzeichnung von Beobachtungen ist unerlässlich, um den Anstieg des Meeresspiegels zu verfolgen und die Faktoren zu verstehen, die dazu beitragen. Mit Sentinel-6 wird sichergestellt, dass diese Messungen sowohl zahlenmässig als auch in der Genauigkeit Fortschritte machen.
Der Klimawandel betrifft aber nicht nur die Ozeane und die Erdoberfläche; er wirkt sich auf die Atmosphäre aus, von der Troposphäre bis zur Stratosphäre. Ein wissenschaftliches Instrument auf Sentinel-6 verwendet eine Technik namens “Radio-Okkultation“, um die physikalischen Eigenschaften der Erdatmosphäre zu messen.
Das “Global Navigation Satellite System – Radio Occultation” (GNSS-RO) verfolgt die Radiosignale von Navigationssatelliten, die die Erde umkreisen. Wenn ein Satellit aus der Perspektive von Sentinel-6 unter den Horizont abtaucht (oder sich über den Horizont erhebt), durchquert sein Radiosignal die Atmosphäre. Dabei verlangsamt sich das Signal, seine Frequenz ändert sich und seine Bahn krümmt sich. Dieser als Refraktion bezeichnete Effekt kann von Wissenschaftlern genutzt werden, um kleinste Veränderungen der atmosphärischen Dichte, der Temperatur und des Feuchtigkeitsgehalts zu messen.
Wenn die Forscher diese Informationen zusammen mit vorhandenen Daten von ähnlichen Instrumenten nutzen, die derzeit im Weltraum eingesetzt werden, können sie besser verstehen, wie sich das Klima der Erde im Laufe der Zeit verändert. Die Daten können aber auch zur Verbesserung der Wettervorhersage genutzt werden.