Wenn die Länder Europas im Bereich der Windstromerzeugung besser zusammenarbeiten würden, hätte dies eine deutlich geringe Schwankung der eingespeisten Windenergie zur Folge und die Stromnetze wären leichter auszubalancieren. Dies ist die Schlussfolgerung einer Gruppe von Energie- und Klimaforschern, die zum ersten Mal eine Langzeitanalyse der Wetterverhältnisse mit Windstromerzeugung kombiniert haben.
Die Forscher untersuchten die Großwetterlagen Europas in den vergangenen 30 Jahren und setzen diese mit Daten der Wind- und Solarstromproduktion in Verbindung. Dazu wurde die an der ETH Zürich entwickelte Renewables.ninja-Plattform zur Simulation von Europas Wind- und Solarparks auf Basis historischer Wetterdaten genutzt. Dieses Simulationswerkzeug steht für jedermann weltweit frei zur Verfügung, um die Transparenz und Offenheit der Wissenschaft zu fördern.
Die Forscher nutzten diese Daten, um zu simulieren, wie sich die Windenergie bei sieben vorherrschenden Großwetterlagen in Europa verhält und wie sie sich mit dem weiteren Ausbau der Windenergiekapazität ändern wird. Damit lässt sich erklären, warum die europäische Windstromerzeugung derzeit starken Schwankungen unterworfen ist.
Einige Wetterlagen zeichnen sich durch Tiefdruckgebiete aus, die vom Atlantik heranziehen und starken Wind nach Westeuropa bringen. Gleichzeitig herrschen dann in Osteuropa ruhige Bedingungen. Bei anderen Wetterlagen herrscht durch ein Hoch ruhigeres Wetter im Westen und gleichzeitig ist es in Südeuropa und im Norden Skandinaviens windig. Es gibt kaum eine Wetterlage, in der es keinen Wind auf dem ganzen Kontinent gibt.
Allerdings sind die heutigen Windparks sehr unregelmäßig in Europa verteilt und vor allem in Nordseenähe und angrenzenden Ländern zu finden. Dies führt zu einer unausgeglichenen Windstromerzeugung, da die meisten Kapazitäten in den Nachbarländern mit ähnlichen Wetterbedingungen installiert sind. Wenn über Westeuropa ein stabiles Hochdrucksystem für längere Zeit vorherrschend ist, wie es im Winter 2016/17 der Fall war, geht die europaweite Windstromerzeugung drastisch zurück.
Das Problem wird durch die Länder verschärft, die ihre eigenen nationalen Strategien zur Ausweitung der Windenergie verfolgen. So ist es sehr unvorteilhaft, die Kapazitäten in der Nordseeregion weiter zu konzentrieren. Dies führt zu noch extremeren Schwankungen. Der Unterschied zwischen hoher Produktion bei günstigen Windverhältnissen und geringer Produktion bei schwachem Wind könnte bis zu 100 Gigawatt betragen. Das ist etwa die Kapazität von 100 Kernkraftwerken. Um Stromausfälle zu verhindern, müsste diese Kapazität vorgehalten werden und im Laufe von nur wenigen Tagen verfügbar sein.
Wenn die europäischen Länder zusammenarbeiten und künftige Windparks auf der Grundlage dieser Studie der Wetterlagen aufbauen würden, könnten Schwankungen der zukünftigen Windenergie auf dem derzeitigen Niveau von rund 20 Gigawatt stabilisiert werden. Der Balkan, Griechenland, das westliche Mittelmeer und Nord-Skandinavien wären bevorzugte Standorte für neue Windparks. Allerdings würde dies einen Paradigmenwechsel in den Planungsstrategien von Ländern mit Windkraftpotenzial erfordern, der derzeit leider nicht absehbar ist.
Bildquelle: Flickr.com/H.P. Brinkmann